Programm
Nicholas Chédeville |
Fanfare (instrumental) |
Quelle: Kulturkreis Eppstein
Enikö ist seit 20 Jahren Chorleiterin aus Leidenschaft
Enikö Szendrey (3.v.li.) und ihr Chor Madrigale nach dem Auftritt in der Pfarrscheune.
„Die Weihnachtsgans und andere Leckerbissen“ lautete der Titel des Konzertes des mittelalterlichen Chores Madrigale am vergangenen Sonntag in der Pfarrscheune in Ehlhalten.
Doch die Weihnachtsgans wurde nur im Lied besungen, zum Essen lagen selbstgebackene Gänschen aus Quark-Ölteig, sowie Gänseschmalzbrote bereit. Der Kanon „Kommt und lasst uns tanzen, springen, lasst uns fröhlich sein“ stimmte gleich zu Beginn die Gäste auf das zweistündige Konzert ein.
Im Gegensatz zur jüngeren Oper gab es in der mittelalterlichen Madrigalkomödie keine Einzelrollen. Die Rollen wurden mehrstimmig vorgetragen. Ein Erzähler leitete durch die Gesänge, damit die Zuhörer die Orientierung behielten. Diesmal verband Enikö Szendrey die einzelnen Lieder durch ihre Erklärungen und kleinen Anekdoten zu einem Ausflug durch die Jahrhunderte. Trotz Armut, Hungersnöten und Ungerechtigkeiten hätten die Menschen ihre Lebensfreude nicht verloren, wie man an dem überlieferten Liedgut sehen könne, meinte sie.
Anne Annau aus Bremthal ließ mit ihrem Spiel auf der Cornamuse zusammen mit Doris Annau am Krummhorn die Zuhörer in die instrumentale Welt der damaligen Zeit eintauchen. Beide Holzblasinstrumente haben nur einen Tonumfang von etwa einer Oktave und sind sehr schwierig zu spielen. Die Cornamuse hat ein Doppelrohrblatt, ähnlich der Oboe.
Im mittelalterlichen Leben spielten auch Tiere eine große Rolle. Sie waren Nutztiere, Nahrung, Zahlungsmittel oder einfach nur Quälgeister, wie die Flöhe, die ebenfalls besungen wurden. Der Chor untermalte mit eindrucksvoller Gestik das Zwicken und Kratzen so realistisch, dass es danach die Gäste anfing zu kribbeln und zu jucken. Doch auch den Mäusen ging man recht drastisch ans zarte Fell.
Mystische Klänge verzauberten die Gäste bei dem Vortrag des ersten Merseburger Zauberspruchs, der von dem inzwischen verstorbenen Professor Richard Rudolf Klein extra für den Madrigalchor vertont worden war. Szendrey hat sich seit 20 Jahren der Frauenchormusik verschrieben und bittet gerne Komponisten, für dieses Genre zu schreiben. Sie möchte das deutsche Volkslied mit neuen Interpretationen wiederbeleben.
Im zweiten Teil des Konzertes war der Chor im Advent angekommen. Die fünf Herren und acht Damen intonierten Lieder, die sich zur gesamten Weihnachtsgeschichte aufreihten. Von der Verkündigung bis zur Geburt Jesus spannte Szendrey den musikalischen Bogen. Dem, gemäß des Aachener Geschichtsvereins, ältesten Weihnachtslied „Sei willkommen, Herre Christ“ folgten „Gaudate Christus natus est“, ein Stück, das seit dem Mittelalter bis heute in der Popmusik immer wieder neu interpretiert worden sei, erklärte Szendrey. Mit einem gemeinsamen Weihnachtslied endete das Konzert des Projektchores Madrigale.
Den nächsten Auftritt hat Madrigale zusammen mit dem Schulchor der Comenius-Schule bei der Eröffnung des Eppsteiner Weihnachtsmarktes in der Talkirche Eppstein. Madrigale gründete sich 2008 für die 775-Jahr-Feier in Ehlhalten unter der Leitung von Enikö Szendrey. Seit 2010 ist der begeisterte kleine Chor Teil des Kulturkreises Eppstein. Madrigale ist einer der acht Chöre und Vocal-Ensembles, die die diplomierte Chorleiterin Enikö Szendrey leitet. Ihr jüngstes Chor-Engagement ist beim Kirchenchor der Emmausgemeinde in Bremthal.
Seit mehr als 15 Jahren unterrichtet sie an der Musikschule Eppstein-Rossert. Dieses Jahr feiert die gebürtige Ungarin, die in Ehlhalten wohnt, ihr 20. Dirigentenjubiläum. Insgesamt rund 350 Sänger und hauptsächlich Sängerinnen lassen sich von ihr immer wieder zu Höchstleistungen führen. Manche Sängerin, wie beispielsweise Anne Annau, hat unter Szendrey kontinuierlich 20 Jahre lang in verschiedenen Chören gesungen. Enikö Szendrey selbst hatte Solokonzerte, Rundfunk- und Fernsehauftritte in Ungarn, der Tschechoslowakei, Deutschland, Niederlande und Italien.
Ihren ersten Auftritt hatte sie mit sechs Jahren im ungarischen Fernsehen. Von ihrer Gage schwärmt sie noch heute: es gab ein halbes Hähnchen für die kleine Enikö. Enikö Szendrey ist Sängerin und Chorleiterin aus Leidenschaft, aber ihr Temperament verdanke sie wohl weniger dem Umstand, dass sie zufällig in Ungarn geboren wurde. „Mein Temperament kommt von meiner armenischen und meiner spanischen Urgroßmutter“, lacht sie.
ffw für Eppsteiner Zeitung 2.12.2014